HERBST- oder WINTER-Depression

Habe ich das vielleicht?

Hast du dir diese Frage schon einmal gestellt in der lichtarmen Jahreszeit 🌫🍂?

Vor kurzem wurde ich von einer Redakteurin gebeten, zu diesem Thema einen kleinen Beitrag zu schreiben. Am Endprodukt möchte ich dich/euch hier teilhaben lassen. Beim oberflächlichen Drüberlesen mag man sich denken: „Na ja, das kennt doch wohl jeder!“

Sie ist für viele von uns gut nachvollziehbar und gehört sogar so ein bisschen dazu: die Wehmut, die Melancholie, manche nennen es auch „Blues“. Dann, wenn die Tage ab dem Herbst immer früher zu Ende gehen, weil es dämmrig und rasch finster wird, man morgens erst mal das Licht aufdrehen muss auf dem Weg zur Kaffeemaschine.

Vor ein paar Tagen war die „Erkenntnis“ auch bei mir endlich da, als ich mich wie gewohnt mit meiner Freundin - ohne langes Nachdenken - zum Walk am Abend verabredet habe. Plötzlich mussten wir dabei auf die Uhr schauen. Geht sich das eh aus mit dem Licht oder irren wir demnächst im Dunklen herum? Weil, eine Stirnlampe haben wir jetzt nicht dabei… 🔦

Man fröstelt unerwartet beim Rausgehen, braucht schnell mal eine Jacke auch für die kurzen Wege und fährt nicht selten morgens durch eine unwirtliche „Nebelsuppe“. Sehnsüchtige Gedanken an den zurückliegenden Sommer und die lauen Abende, an das Aufstehen bei Sonnenschein…, die sind wohl bei vielen von uns schon mal dagewesen.

Kommen wir aber nun zur eigentlichen Frage,

siehe oben! Ja, es gibt durchaus auch eine „echte“ Herbst- oder Winterdepression, und die muss auch klar und deutlich abgegrenzt werden von den - letztlich vorübergehenden - Empfindungen und Stimmungstrübungen, die ich vorhin beschrieben habe.

Der Unterschied ist, dass manche Menschen tatsächlich krankheitswertige Beschwerden entwickeln und diese haben eine klare Bezeichnung. Man spricht fachlich von einer saisonal abhängigen Depression (saisonal affective disorder, abgekürzt: SAD). Das ist eine Form der Depression, somit krankheitswertig und diagnostizierbar. Zugeordnet wird es den rezidivierenden depressiven Störungen. Jede 10. Depression, die in der Winterzeit diagnostiziert wird, entspricht dieser Unterform. Deutlich häufiger festgestellt wird eine solche bei Frauen und hier eher bei den Jüngeren. SAD kommt vorwiegend auf der nördlichen Erdhalbkugel vor, wo die Winter länger und kälter sind. Sie ist auch keine neue Problematik, sondern bereits seit der Antike bekannt.

Hier kommen noch ein paar Informationen zum Vertiefen

Woran ist SAD erkennbar? Die Betroffenen leiden häufig an Bedrücktheit und einem Stimmungstief, fühlen sich antriebs- und energielos. Die Alltagsaufgaben fallen schwer. Das Schlaf- und Essbedürfnis erhöhen sich, es kann zu Gewichtsveränderungen und Schlafproblemen kommen. Es können auch Selbstmordgedanken auftreten.

Was ist die Ursache? Durch den zeitlichen Zusammenhang gut nachvollziehbar ist die Erklärung durch Veränderungen unseres Serotonin-Melatonin-Spiegels und Mangel an Vitamin D, ausgelöst durch die fehlende Kraft und Häufigkeit des Sonnenlichtes. Unser Körper reagiert darauf, z.B. die lichtempfindliche Zirbeldrüse in unserem Zwischenhirn. Diese ist zwar nur wenige Millimeter groß, aber sehr wichtig für die Bildung des Hormons Melatonin, das unseren Schlaf-Wach-Rhythmus steuert. Sie sieht übrigens aus wie ein kleiner Kiefernzapfen, passend zum Thema Herbst 😉…

Was tun?

Wenn die Beschwerden anhalten oder zunehmen und bereits ein bedeutsamer Leidensdruck vorliegt, dann ist ganz klar eine professionelle Behandlung wichtig durch ÄrztInnen, PsychologInnen oder PsychotherapeutInnen. Untersuchungen zeigten, dass eine Form der Lichttherapie mit hellem, weißem Licht durch spezielle Leuchtstoffröhren besonders effizient bei SAD sein kann. Das kann zu Hause durchgeführt werden, muss aber professionell angeleitet werden.

Es gibt Vorbeugemaßnahmen und Strategien für einen adaptiven Umgang mit den Symptomen, die man auch selbst initiieren und umsetzen kann (Selbstwirksamkeit!):

Besonders hilfreich ist regelmäßige Bewegung an der frischen Luft, dies für mindestens ½ Stunde täglich und - wenn möglich-  auch bei wenig einladendem Wetter. Ein Spaziergang oder eine sportliche Outdoor-Aktivität fördert z.B., neben der richtigen Ernährung, unsere Vitamin-D-Produktion.

Positiv wirkt es sich aus, auf verschiedenste Weise unsere Sinne anzuregen. Das gelingt mit vielleicht mit anregender Musik 🎶, Singen und Tanzen, oder mit Aromen und Duftkerzen 🕯, vielleicht auch zwischendurch mal einem Stückchen Bitterschokolade. Sich mit schönen Dingen zu umgeben regt unsere Sinne an, als günstig beschrieben werden z.B. helle, warme Farben bei der Kleidung oder im Wohnbereich.

Der Herbst ist eine durchaus auch gute Jahreszeit dafür, innezuhalten und seine Gefühle bewusst wahr- und anzunehmen. Manche mögen dabei Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen (z.B. Yoga, Autogenes Training) oder die Gespräche mit anderen.

Ich für mich persönlich kann sagen, dass der Herbst tatsächlich meine Lieblingsjahreszeit ist. Die Natur wird bunter, die Luft riecht intensiver, man freut sich über Wärme, Licht und Nähe…

Zum Schluss möchte ich euch noch ein Gedicht weitergeben, das ich in einem wundervollen Buch, geschrieben von Lena Raubaum und illustriert von Katja Seifert, gefunden habe („Mit Worten will ich dich umarmen. Gedichte und Gedanken. Raubaum L., Seifert K.; Tyrolia-Verlag, Innsbruck-Wien, 2.Auflage 2022“).

Ich finde, es passt ganz gut zum Thema, genießt es!

Alles Liebe, eure Michaela Weldy

Versprochen ist versprochen

Zwei Bären legen sich auf Ohr
denn beide sind sie kurz davor
zum Winterschlafen einzuschlummern
da hört man leis‘ den einen brummern:
Bleibst du bei mir – hier zugedeckt
bis uns die Frühlingssonne weckt?
Der andre brummt: Ich geh nicht fort
da geb ich dir mein Bärenwort!